Zum Tod von Helmut Kohl

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Ich habe Helmut Kohl ein einziges Mal persönlich gesehen, bei einem Presseempfang am Hofer Flughafen Pirk. Einer der Reporter machte eine launige Bemerkung, und Kohls Gesicht war auf einmal wie ein Bild, durch das ein Riss ging. Er hatte nicht den geringsten Humor. Von seinem gewaltigen Korpus ging eine Schwerkraft aus, die es einem schwer machte, sich in seiner Nähe wohl zu fühlen.

In den folgenden Jahren fiel er abwechselnd positiv und negativ auf: positiv etwa, als er sich einen Eierwerfer, anstatt sich hinter seinen Bodyguards zu verschanzen, persönlich zur Brust nahm. Negativ, als er einmal mit einem Journalisten die Nummer „Für Sie bin ich nicht der Herr Kohl, sondern der Herr Doktor Kohl“ abzog – eine Farce.

Was an seinem Tod trotzdem nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass mit ihm auch ein Deutschland starb, das – unbeirrt, stur, am Ende aber immer erfolgreich – ganz eigene Konturen hatte, für sich selbst stand, kein identitätsloses Deutschland war. Er hat das Land nicht schlecht geführt, auch wenn viele seinen Anblick nach 17 Jahren nicht mehr ertrugen. Als in der Nacht seiner Wahlniederlage nicht nur ein triumphierender Gerhard Schröder, sondern auch ein feixender Joschka Fischer auf der Bühne stand, musste es jedem, der sich mit diesem Deutschland identifizierte, einen Stich ins Herz versetzen.

Und tatsächlich: Die Zeiten wurden nicht nur nie wieder so, wie sie einmal waren. Sie wurden noch viel schlimmer. Möge Helmut Kohl in Frieden ruhen.

© 2017 by Oliver M. Fehn

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